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Der Papst, die Finanzen und Kardinal Marx

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In diesen Tagen hat der Vatikan die Statuten fĂŒr das neue Wirtschaftssekretariat von Kardinal Pell, den Wirtschaftsrat von Kardinal Marx und den neuen Revisor veröffentlicht. Wann das genau geschehen ist, lĂ€sst sich nicht so richtig nachvollziehen. Denn entgegen der ĂŒblichen Praxis tauchten die Statuten einfach plötzlich auf der Internetseite des Vatikans auf und wurden „per Anschlag” im Damasushof des Vatikanstaats veröffentlicht. Das Ganze sieht ein bisschen nach einer Nacht- und Nebelaktion aus. Zumal es in den letzten Monaten ein heftiges Ringen hinter den Kulissen um die ZustĂ€ndigkeiten der neuen Finanzgremien gab. Der Papst macht dabei keine gute Figur. Da hilft es auch wenig, dass Kardinal Reinhard Marx einen weltweiten Interviewmarathon gestartet hat, um Franziskus und seine Anliegen zu unterstĂŒtzen.

Endlich Statuten fĂŒr die Finanzgremien

Seit Monaten warten Beobachter, aber auch viele Mitarbeiter im Vatikan auf die Statuten fĂŒr die neuen Finanzgremien im Vatikan, die Papst Franziskus im vergangenen Februar geschaffen hatte: 1. der Wirtschaftsrat als oberstes Kontrollgremium, quasi eine Art Aufsichtsrat, bestehend aus acht Bischöfen und KardinĂ€len sowie sieben Laien unter der Koordination von Kardinal Reinhard Marx. 2. Das Sekretariat fĂŒr Wirtschaft, das de facto das Kontrollgremium ĂŒber die Finanzen des Heiligen Stuhls und des Vatikanstaats ist, sowie sich um Verwaltungsfragen bezĂŒglich der Mitarbeiter des Vatikanstaats und des Heiligen Stuhls kĂŒmmert. 3. die Funktion des RechnungsprĂŒfers.

Letzterer ist bisher noch nicht bestellt. Die beiden anderen Gremien arbeiten bereits fleißig, haben aber offiziell erst seit 1. MĂ€rz Statuten „ad experimentum“. Die wurden offensichtlich am Ende doch mit heißer Nadel gestrickt, denn in den Statuten fĂŒr den Wirtschaftsrat fehlt ein Artikel 15. Intern wird seit Monaten heftig ĂŒber die Statuten der Finanzgremien diskutiert. Der PĂ€pstliche Justizrat hatte von Mitte Dezember bis Anfang Februar intensiv an den EntwĂŒrfen, die Kardinal Pell fĂŒr die drei Institutionen vorgelegt hatte, gearbeitet und unter Einbeziehung internationaler Experten Änderungen vorgeschlagen. Offenbar wurden diese in der jetzt veröffentlichten Fassung der Statuten kaum berĂŒcksichtigt.

Drei wichtige Änderungen sind allerdings eingeflossen in die neuen Statuten: Die Verwaltung der Immobilien und Vermögenswerte des Heiligen Stuhls bleibt bei der bisherigen Institution, der Apostolischen GĂŒterverwaltung (APSA). Kardinal Pell hĂ€tte gerne die GĂŒterverwaltung in sein Dikasterium ĂŒbernommen. Doch damit hĂ€tte er sich quasi selbst kontrolliert, da er mit seiner Behörde ja auch oberster Kontrolleur ist. Dasselbe gilt fĂŒr die neu entstehende vatikanische Vermögensverwaltung (Wertpapiere etc.). Auch diese ist nicht in das Pell-Ministerium gewandert. Wo diese angesiedelt wird, ist noch zu klĂ€ren. Weitere wichtige Neuerungen gegenĂŒber den ursprĂŒnglichen Planungen: Es gibt neben dem Generalrevisor noch zwei beigeordnete Revisoren. Diese Erweiterung war dem Justizrat wichtig, um noch einmal eine gegenseitige Kontrolle auf dieser Ebene zu gewĂ€hrleisten. Über das BinnenverhĂ€ltnis im BĂŒro des Generalrevisors sagen die Statuten allerdings nichts aus.

Trotzdem sind viele Fragen offen

An vielen Stellen sind die Statuten nach wie vor undeutlich. So ist nicht ganz klar, welche Kompetenzen die neuen Finanzgremien ĂŒber die Institutionen des Staats der Vatikanstadt haben. Denn man muss immer unterscheiden zwischen der Römischen Kurie als Zentralverwaltung der katholischen Weltkirche und dem Staat der Vatikanstadt als souverĂ€nem Staat. Zwar werden am Beginn der jeweiligen Statuten beide EntitĂ€ten als Kompetenzbereich fĂŒr die neuen Institutionen genannt. Doch taucht etwa beim Wirtschaftssekretariat Pells in den weiteren AusfĂŒhrungen der Vatikanstaat nicht mehr auf. Hier muss nachgearbeitet werden. Unklar ist auch, wie sich die Pell-Behörde von der bereits bestehenden PrĂ€fektur fĂŒr die wirtschaftlichen Angelegenheiten abgrenzt. Diese Behörde hatte bisher bereits den Auftrag, HaushaltsplĂ€ne und Bilanzen aufzustellen und zu kontrollieren; also genau die Aufgabe, die jetzt die Pell-Behörde macht. Keine Frage: Hier lĂ€sst sich gegenĂŒber der bisherigen Praxis vieles verbessern bezĂŒglich Etatplanung, Nutzung von Synergieeffekten bei Beschaffung von Materialen etc.; doch brauchte es dazu eine neue Behörde? Gut, die Pell-Behörde soll die PersonalfĂŒhrung und -rekrutierung professionalisieren. Aber auch das hĂ€tte die APSA, die bisher auch Personalfragen bearbeitet hat, machen können mit entsprechenden internen Reformen.

Vieles bleibt also noch immer unklar. Sicher ist aber, Kardinal Pell erhĂ€lt nicht so viel Macht und Einfluss, wie er gerne gehabt hĂ€tte. Immer wieder betonen die Statuten die enge Verbindung der neuen Finanzbehörden mit dem vatikanischen Staatssekretariat. Italienische Medien haben in den vergangenen Tagen die internen MachtkĂ€mpfe um die ZustĂ€ndigkeiten offen gelegt. Der Vatikan hat am Samstag die Berichte scharf kritisiert, aber letztendlich nicht dementiert. Sicherlich sind bei VerĂ€nderungsprozessen und Reformen Diskussionen sowie Versuche, eigene Kompetenzen nicht zu verlieren, normal. Doch kommt hier noch hinzu, dass es Papst Franziskus nicht gelingen will, die unterschiedlichen Parteien an einem Tisch zu versammeln, um dort die wichtigsten Entscheidungen auszudiskutieren. Stattdessen bekommt jede Partei ihre Audienz(en) beim Papst und beruft sich hinterher auf dessen vermeintliche oder tatsĂ€chliche UnterstĂŒtzung.

Die Art wie jetzt quasi heimlich die Statuten veröffentlicht wurden, ist ein Indiz dafĂŒr, dass nicht alles rund lĂ€uft. Sonst gibt es Pressekonferenzen und Briefings zu allen möglichen und unmöglichen Themen im vatikanischen Presseamt. Doch zur neuen Finanzarchitektur herrscht diese Woche Schweigen. Das Statut wird „per Anschlag“ veröffentlicht. Ein bisschen erinnert das Vorgehen an die seltsamen VorgĂ€nge rund um den neuen Posten von Bischof Tebartz-van Elst. Nichts Genaues weiß man nicht, aber die Fakten liegen auf dem Tisch.

Kardinal Marx im Interview

Interessant sind zwei große Interviews von Kardinal Reinhard Marx, die in den vergangenen Tagen veröffentlicht wurden. Darin versucht er, die Politik und den Regierungsstil von Papst Franziskus zu erklĂ€ren sowie fĂŒr die Anliegen des Pontifex zu werben. Mitte Januar erschien ein Interview in der US-amerikanischen Jesuitenzeitschrift „America“. Vor wenigen Tagen wurde ein Interview mit der französischen Jesuitenzeitschrift „Études“ veröffentlicht. Hier schon einmal die Links. In KĂŒrze dann mehr zu den Inhalten.

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